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Die rechte Schreibung
 
Für einen eingereisten Schwaben ist es ein besonderes Vergnügen, in dieser Frage zunächst auf den groszen Sohn des Kreises und der Kreisstadt zu verweisen. Christoph Martin Wieland hatte eine grundlegende Antwort bereits gefunden und stellte fest, Religion und Rechtschreibung seien Privatsache. Seinem Freund Johann Wolfgang von Goethe, der Gottvater deutscher Literatur, Schöpfer unseres Zitatenschatzes und Auffinder manchen Wortes war die "konsequente Rechtschreibung immer ziemlich gleichgültig. Wie dieses oder jenes Wort geschrieben wird, darauf kommt es doch eigentlich nicht an; sondern darauf, daß die Leser verstehen, was man damit sagen wollte!"

Deutscher Ungeist in unrühmlichen Zeiten brachte die Idee eines "Deutschen Sprachamtes" auf. In scharfer Form wendet sich George-Arthur Goldschmidt als Verfolgter des Nazi-Regimes gegen politische Angriffe auf die Sprache: "Einschüchterung durch Rechtschreibreformen ist das beste Mittel, um falschen Respekt und Untertänigkeit weiter als erprobte Regierungsmittel aufrechtzuerhalten."

Das deutsche Wörterbuch der Gebrüder Grimm (1854) ist in erster Hinsicht ein empirisches Werk. Nicht zum Zwecke der Vereinheitlichung geschaffen, berücksichtigt und berechtigt es die verschiedensten Schreib- und Auffassungsweisen in der deutschen Sprache. Eine erstmalige Festschreibung der Sprachgewohnheiten wurde 1871 auf der Zweiten "Orthographischen Konferenz", einem preussischen Reichs-Organ unternommen. Erst 1872 erscheint der "Schleizer Duden" als orthographisches Wörterbuch. Freunde der Vereinheitlichung und Festschreibung der Sprache und die Befürworter einer lebendigen Sprache liefern sich bis heute stille, und nur zu Zeiten der Duden-Neuauflage und der Rektorenkonferenz heftiger aufflammende Gefechte.

Weniger fix als die Idee einer unveränderbaren, richtigen und falschen Sprache ist der Gültigkeitsbereich. Sicher allein ist die Anwendung der Norm-Sprache im Schulunterricht, weniger sicher auf dem Schulhof. Auch werden wohl amtliche Formulare den Schreibweisen aus dem Duden-Verlag entsprechen. Dass hierdurch die Inhalte nicht verständlicher werden, ist nur eine Fusznote. Aber gibt es eine verbindliche Recht-Schreibung darüber hinaus?

Nö, nich wirklich.

Hätten wir doch den Luther'schen Mut, unseren Gefühlen eine Bresche durch den Verstand zu schlagen. Könnten wir vielleicht aus dem Impuls einer eigenen ästhetischen Auffassung in unsere geschriebenen Worten Das hineinpacken, was wir täglich in unserem Sprachgebrauch zu verschönern bestrebt sind? Wir können und wir dürfen, sollten vielleicht sogar! Sprachlicher und schriftlicher Ausdruck verbessern sich durch Dekret ebensowenig wie durch Vorsatz, doch letzterer hat zumindest Zukunft.

Der Anti-Buchstabe
 
Das deutsche Alphabet fundiert auf dem lateinischen und wurde – warum auch immer – durch die Umlaute ergänzt. Das "ß" ähnelt dem griechischen β und hat dennoch nichts damit zu tun. Der Verdacht, es könne sich nicht um einen Buchstaben handeln könnte keimen, wenn man den dazugehörigen Groszbuchstaben nicht finden kann.


Die klassischen Blei-Lettern werden nach Schema sortiert in Setzkästen aufbewahrt. Mit den Fingern werden sie im Winkelhaken zu Zeilen gefügt.

Insbesondere bei den kleineren Schriftgröszen leisten die dünneren Lettern dagegen Widerstand, sind schlecht zu fassen und leicht zu beschädigen. Daher wurden bereits früh die schmalen und die häufig zur Anwendung kommenden Doppel-Buchstaben als Ligaturen in einem Block zusammengesetzt.

Ligaturen der Fraktur-Schrift sehen so aus:

Eine weitere Besonderheit ergab sich aus der Verwendung zweier "S" im Schriftsatz. So wurde das "lange S" im Wort verwendet, das "Schluss-S" am Wortende.

Ligatur in neuerer Schrift

Enstehung der sz-Ligatur

Und so einfach ist die Erklärung. Das Eszett ist das in Blei gegossene Doppel-S am Wortende, ist also nicht ein Buchstabe, sind zwei und können folglich auch nicht als Versalie gefunden werden. Von einem Zett kann nicht die Rede oder Schrift sein. Das nachgesetzte "Z" ist vermutlich ein phonetischer Hinweis.

Phonetischer Gebrauch
 
Ältere Schriften dokumentieren nicht nur die Freiheitsgrade der Rechtschreibung, sie helfen mitunter dem Verständnis auf. Finden wir dort ein Wort wie "Maass", so können wir die falsche Schreibweise mokieren oder aber verstehen, wie ein Wort geschrieben wird, dem ein scharfes "S" am Ende eigen ist, was jedoch nicht auf ein gelängtes "A" verzichten will. Solche Wörter gibt's. Anders als bei der Fluse mit dem weich gesungenen "S" wollen wir bei Flosz und Fusz kein gestauchtes "O" und "U", dennoch das scharfe "S". Wäre doch schön, die nun freigewordene Ligatur des "ß" zu verwenden. Peinlichkeit, Missverständnisse und ästhetische Qualen wären zu vermeiden.
Wenn in der Schweiz die Busse höher wird, dann müssen die Tunnel nicht erweitert werden, sondern lediglich die Geldbörse. Denn unsere Busse sind auch schweizerische, doch Busze würde gleich ein klares Bild ergeben. Haben wir gelacht über eine Packung GRIEßKLÖßCHEN oder das Plakat von DRAUßEN VOR DER TÜR.



Praktisches SZ
 
Die Berufsgruppe der Architekten schreibt seit ehedem auf Plänen und Zeichnungen versal. Dort wird auch wie selbstverständlich und traditionell das ausgeschriebene SZ im MASZSTAB verwendet. Und wie schön sieht Grusz und Kuss aus, wenn man jemals GruB und KuB gesandt bekam.
Wer im Ausland unterwegs ist oder mit internationalen Freunden korrespondiert kann sich auf Tastaturen natürlich mit "alt"+0223 behelfen und für das Internet gibt es auch ein Sonderzeichen, was gleich sagt, was es ist: szlig = sz als Ligatur.

Zwei Fundstücke aus dem world wide web:

Ein häufiger Fehler angehender Gestalter ist die Verwendung des "ß". Ein laienhafter Eindruck entsteht.
Ein "ß" in einem Wort oder Satz mit Großbuchstaben sieht aber nicht nur schlimm aus, es widerspricht sämtlichen Gestaltungsregeln. Noch dazu besteht Verwechslung mit einem großen "B" bei flüchtigem Blick.


Fazit
 
Nun regen sie sich doch nicht gleich auf, weil andere zu schnell fahren oder die falschen Socken tragen. Genieszen Sie den Tag, erfreuen Sie sich an der Freiheit des Wortes und der Gestaltung, nutzen sie, was erlaubt ist und versauern Sie nicht, weil Sie nicht selbst drauf gekommen sind.