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Arbeitsplätzchen



Im DGB-Haus in Stuttgart, unten im Keller neben der Poststelle im Versammlungsraum, soll ich die Kooperative vorstellen, erzählen, wie es bei bei uns aussieht mit Arbeit, wie wir organisiert sind. Etwas überrascht war ich schon, denn vom DGB war in der Einladung nicht die Rede. Etwas zweifelnd muss ich erst einmal anmerken, dass ich nicht arbeitslos, eher Arbeitgeber aber letztlich Selbständig bin. Das wird akzeptiert und man tröstet sich zunächst mit dem Gedanken, dass eine Kooperative ja doch sowas wie eine Genossenschaft ist. Das hat einen sozialistischen Touch.
Dann schälen sich Kernfragen heraus. Nachdem klar ist, dass unsere Angestellten zu gewerkschaftlichen Bedingungen arbeiten wird die Frage gestellt, ob wir sie auch am wirtschaftlichen Erfolg beteiligen und gleichstellen wollen würden. Ich berichte vom Ertrag der letzten zwei Geschäftsjahre. Das dämpft. Und dann füge ich an, dass die bezahlten Mitarbeiter keine Gleichberechtigung wollen. Die würden nicht gerne am Abend und am Wochenende noch ein paar Stunden dranhängen, das Klo putzen und vorm Haus Schnee schippen. Die würden uns was husten. Das Thema ist erschlagen.
Dann hilft man mir weiter: "Wissen Sie, wie kommen ja eigentlich mehr aus der politischen Richtung. Uns geht es ja um die Schaffung von Arbeitsplätzen..." Ich bin pikiert: " Da sitzen Sie nun, sind arbeitslos, weil man Sie irgendwo rausgeworfen hat, suchen Lösungen für Ihre Situation. Und nun wollen Sie am liebsten möglichst schnell wieder in die Lage, wo man Sie wieder irgendwo rauswerfen kann...?"
Einer braust auf: "Sollen wir denn vielleicht alle Selbständig werden?" Ich bleibe kühl und zitiere Josef Beuys: Jeder Mensch ein Unternehmer. Verkneifen kann ich grad nicht und hänge noch dran: und dann schicke ich alle anderen hier zu Ihnen, die fordern dann Arbeitsplätze von Ihnen.
Der Gesprächsleiter greift ein.
Da wir gerade dabei sind, will ich aber noch wissen, was dagegen vorzubringen ist, was soll denn schlecht sein an der Selbständigkeit? "Eigentlich nichts aber wir sind nicht darauf vorbereitet. Wir sind doch alle da reingewachsen, man macht seine Ausbildung, hat seinen Beruf - und ist angestellt. Und wie sollen wir das jetzt plötzlich ändern?"
Es geht noch eine Weile hin und her. Ein Trostpflaster gibts noch zum Schluss. Jemand sagt, er habe schon lange nicht mehr Jemanden so ehrlich reden hören. Was er genau damit meint weiss ich nicht, freue mich aber.
Auf Nachfrage soll ich noch schnell eben sagen, was denn Rudolf Steiner mit sozialer Dreigliederung gemeint und gewollt habe. Dreigliederung in a nutshell? Es geht.
Ein artiges Danke. Ich gehe.


Ich kanns bald nicht mehr hören. Muss aber doch, denn der Bundesarbeitspräsident meldet sich zum Bundesarbeitskanzlerarbeitsgipfel auch zu Wort, fordert "...jetzt eine politische Vorfahrtsregel für Arbeit. Was der Schaffung und Sicherung wettbewerbsfähiger Arbeitsplätze dient, muss getan werden. Was dem entgegensteht, muss unterlassen werden. Was anderen Zielen dient, und seien sie noch so wünschenswert, ist nachrangig." Zwischendurch ist Deutschland Weltmeister geworden - Exportweltmeister, trotz "..,dem Kernproblem, den zu hohen Lohnnebenkosten." Na prima, endlich geschlossene Reihen: Bundesarbeitsregierung und Bundesarbeitspräsident Hand in Hand mit Gewerkschaften und Arbeitslosen.

Gibt es einen Arbeitsmarkt?
Vom Flohmarkt bis zum Weltmarkt ist Markt der Ort des Austauschs: Angebot und Nachfrage nach Waren und Geld. Und der Arbeitsmarkt? Werfen die Arbeitsbesitzer Ihre Arbeit auf den Arbeitsmarkt, die dort von den Arbeitssuchenden im Tausch gegen Geld erworben wird? Das geht schon semantisch nicht so recht auf und auch wenn der doch recht abstrakte Begriff der Arbeit zur Arbeitskraft umgebogen wird, selbst dann klingt es immer noch befremdlich und unglaubwürdig. Bestenfalls und mit viel Entgegenkommen könnte man einräumen, dass auf dem "Arbeitsmarkt" ein Angebot von Rechtsverhältnissen (Arbeitsverträgen) besteht, in die eingetreten werden kann. Die werden aber nicht gehandelt, denn sie sind nicht zu erwerben und sind individuell. Arbeit kann nicht gehandelt werden werden, denn Arbeit ist nun mal keine Ware, die man zum Markt tragen kann.

Gibt es Arbeitsmangel?
Wie gerne würde ich etwas von meiner Arbeit abgeben. Und wenn die getan ist, kenne ich noch eine Menge Leute, die Entlastung brauchen könnten. Die Welt ist voll von ungetaner Arbeit doch bei mir fängts schon an: da finden sich sicherlich manche, die meine Arbeit tun wollten und wohl auch besser könnten. Nur mögen die ganz sicher nicht zu den Bedingungen arbeiten, die mit meiner Arbeit verbunden sind, beispielweise die Bezahlung. Die sorgsam gepflegte Vorstellung, dass "...ich ja auch von meiner Arbeit leben muss" steht zusammen mit der Absurdität des Arbeitsmarktes und wird auch mit ihr fallen.
Sobald man sich des frühkapitalistischen Dogmas vom Warencharakter der Arbeit entledigt hat, kann man auch keinen Zusammenhang mehr sehen zwischen Arbeit und Einkommen. Und warum sollen nur Alte und Junge, nur Kranke und Arbeitslose ein leistungsunabhängiges Einkommen haben? Die haben es und die Arbeitsplatzbesitzer haben auch ein Einkommen. Und Alle teilen. Zwar nicht immer ganz freiwillig, doch die gesellschaftliche Wirklichkeit offenbart, dass die bisherigen, komplizierten Finanzierungen der Renten-, Kranken,- und Sozialversicherungskassen nicht weiter aufrecht erhalten werden können. Wo wir doch ohnehin schon teilen, dürften wir uns dessen auch langsam bewusst werden.

Wäre doch nicht so schlimm, hätte jeder ein Grund-Einkommen zur Existenzsicherung und könnte dann sich nach Fähigkeiten, Absichten und Sinn eine Arbeit suchen. Und dann hätte (nicht nur) Josef Beuys recht, denn dann wäre jeder Mensch ein Unternehmer.