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22. 07. 2013 |
59m Supersafe |
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Arosa im Sommer: Besuch bei Freunden. Wo im Winter die Sonne in den Pistenzirkus scheint, wo wir gar manches Mal im Februar uns auf dem Balkon haben bräunen lassen, dort gibt es leider (fast) nichts zum Klettern. Unterhalb von Litzirüti am Wasserfall ein paar kleine Routen, doch Alpines ist rar.
In einem alten SAC-Führer findet sich tatsächlich eine Kleinigkeit. Am Schiesshorn, was vom Balkon der Hütte immer ins Bild kommt, dort gibt es eine Route mit zwei Varianten. Und wenn man den Berg von der Seite gesehen hat, so sieht es eher nach einer wenig aufregenden Kletterei aus. Der Führer ist auch schon etwas älter 1925 steht drin.
Von Schuttbändern ist zugegebenerweise auch die Rede, doch bei einem Besuch der längsten Geröllhalde vor zwei Jahren war Einiges an festem Fels zu sehen. Ausserdem versprach der Führer:
Für "einigermaszen geübt" wollte ich mich durchaus halten und hatte hinreichend Keile, Friends und Bandschlingen angehängt. Maximal sechs Stunden waren geplant. Auch Cora war gut gelaunt und wild auf Klettern. |
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Doch zuerst gibt es Arbeit und wir müssen uns ein paar hundert Meter die Geröllhalde hochwurschteln. Dem Weg aus dem Führer zu folgen war müszig, denn hier hatte sich doch viel verändert. Ein erster Einstiegsversuch endete in einem Schuttband, wurde mit Abseilen wieder aufgegeben und ein letztes Stück das Geröll aufwärts doch noch in Angriff genommen. |
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Ein schöner Beginn der Route lacht uns an und wir entscheiden uns für Kletterschuhe. Zunächst geht es gut voran, lediglich entstehen Probleme mit der Sicherung. Ganz selten ein Riss und nur wenige Möglichkeiten für die Bandschlinge. Doch alles hält sich im IV Grad. Hin und wieder ist ein serpentinartiges Gestein zu queren.
Später dann tauchen solche Brösel häufiger auf und brechen als Griff auch mal aus. Ohne ausreichende Sicherung keine schöne Sache da steigt die Spannung im Vorstieg.
Mittlerweile gibt es im kalkigen Schiefer auch Probleme mit dem Seil. Manchmal lässt es sich nach 15m Vorstieg nur schwer einnehmen. Das ergibt kurze Seillängen und dicke Unterarme. Langsam wird es auch dunkel und der Proviant ist bis auf etwas Wasser auch aufgebraucht. Ein Anruf auf der Hütte scheint angemessen, kann aber erfreut berichten, dass in etwa 50m das Ende der Route absehbar ist. Es wird also später.
Nach zwei weiteren Seillängen trennen uns noch acht Meter von einem kleinen Sporn, hinter dem zwar nicht der Gipfel, aber eine angenehme Wiese lockt. Doch inzwischen ist es schon dunkel und die Helmlampe muss ihren Dienst tun. |
Zwei Meter über den Schutt sind noch zum rettenden Ufer zu schaffen. Da tritt man sehr vorsichtig auf und schmiert ab, im Verein mit einem halben Kubik Schutt. Fünf Meter weiter unten komme ich kopfüber im Geröll zu liegen, kann auf eine besorgte Nachfrage allerdings vermelden, dass alles soweit in Ordnung ist. Ich werde hochgezogen und es wird beschlossen, hier erst einmal zu pausieren.
So hängen wir dann unter einem kleinen Felskopf an der Bandschlinge, die vorsichtshalber auf Spannung gehalten werden muss, da sie so ganz toll auch nicht sitzt. Es ist auch ein wenig frischer geworden und die Hosenbeine werden angezipt. Wir wechseln die Schuhe und beraten. Sich nochmals zu melden scheint angezeigt. Ich muss einräumen, dass wir heute nicht zurück zu erwarten sind. Wie peinlich.
Es wird unangenehm frisch, doch endlich einmal kann ich irgendwas aus meinem Sani-Pack für mich verwenden: da sind zwei Rettungsdecken zu finden. Besonders kuschelig ist es auch unter den Decken nicht denn die Beine hängen entweder im Freien oder müssen angezogen werden. Obwohl wir auf den Rucksäcken und dem Seil sitzen, drückt es im Rücken und nach einigen Minuten muss man wieder ein Stückchen hochrutschen, weil der Sitzgurt die Beine abschnürt. An Schlaf ist nicht zu denken.
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Der Morgen und das Licht können uns nicht zu den letzten Metern Kletterroute verhelfen. Durchgefroren sind wir, bei mir ist alles voller Blut und wir sind völlig entkräftet. Es wird mehr als peinlich: die Rega soll kommen. Vielleicht hätte man noch mit einigen Versuchen das Seil auf einen nächsten Vorsprung werfen können. Doch Entkräftung und die Vorstellung, meine Seilpartner behalten zu wollen bringen mich davon wieder ab. So wird dann telefoniert und der Alptraum wird wahr: Bergrettung.
Das allerdings verläuft beispielhaft. Der Heli erscheint über dem Schanfigg und hält direkt auf uns zu. Ein Bergretter kommt am Seil herunter und schaut sich die Situation an, findet alles perfekt. Zwei Sitzgurte kommen am Seil herunter und schon sind wir eingestiegen, angehängt und abgeflogen.
Unten die Isla, auf der Wiese vor dem Klärwerk ein groszes "H", unser nächstes Ziel. Nur nette Menschen erwarten uns. Zuerst die Ärztin mit der Frage, ob am Knie etwas genäht werden müsse. Muss nicht. Dann spendiert der Klärmeister warme Jacken und Kaffee. Und noch einen Kaffee. Auch eine Toilette ist dort. Alle sind erleichtert. Keine blödsinnigen Fragen sondern viel Verständnis.
Für das alles sind wir dankbar. Später am Nachmittag erreicht mich noch ein Anruf der Ärztin, die sich nach meinem Befinden erkundigt und für die Eile am Morgen um Verständnis bittet.
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Steinschlag gab es auch und mein (relativ) neues Mammut Supersafe 60m musste ein wenig gekürzt werden. Das fiel mir leicht angesichts dessen, was sonst noch hätte viel kürzer werden können.
Es folgen noch vier Tage mit einem dicken Fusz, der in keinen Schuh passt. Blut vom Seil waschen, Hose reparieren, Sani-Pack auffüllen.... |
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