Aktuelles

Archiv
Arbeitsteilung
Genderdebatte
SZ
Arco
Inzwischen
Vollplaybacktheater
Bergflöhe
Stuttgart 21
Open Eyes 2005
Arbeit - live
Nach Kroatien
Gran Sasso
Kenya
Gekaufte Links
Winterfreunden
Forinthenkacker
Infotag
Garvald
Dublin
St. Paul en Jarez
Über Arbeit
Dottenfelder Hof
¡ Gracies !
Schottland
Internet für Anfänger

Klettern

Sonstiges

Info

Stuttgart 21 oder Zweiundvierzig

Die riesigen Raumschiffe hingen reglos am Himmel, über jedem Land der Erde. Reglos hingen sie am Himmel, riesig, mächtig, unerschütterlich, eine Lästerung gegen die Natur. Viele Leute traf einfach der Schlag, als sie mit ihrem Verstand zu fassen versuchten, was sie sahen. Die Raumschiffe hingen so am Himmel, wie Ziegelsteine es nicht tun.
Und immer noch passierte nichts.
Dann hörte man ein leises Wispern, ein plötzliches weltweites Wispern, durchdringend und allumfassend. Jede Hifi-Anlage der Welt, jedes Radio, jeder Fernseher, jeder Cassettenrecorder, jeder Bass-, Mittel- und Hochtonlautsprecher auf der Erde schaltete sich friedlich von selbst ein.
Jede Konservendose, jeder Mülleimer, jedes Fenster, jedes Auto, jedes Weinglas, jedes rostige Stück Metall wurde zum akustisch perfekten Resonanzträger.
Bevor die Erde von der Bildfläche verschwand, sollte sie wenigstens noch in den Genuss des allerletzten Schreis der Tontechnik kommen, des größten öffentlichen Endverstärkers, der je gebaut wurde. Aber es gab kein Konzert, keine Musik, keine Fanfare, nur eine simple Botschaft.
»Bewohner der Erde, bitte herhören«, sagte eine Stimme, und es war einfach phantastisch. Ein einfach phantastisch perfekter Quadrosound mit einem so niedrigen Klirrfaktor, daß einem anständigen Menschen das Heulen kommen konnte.
»Hier spricht Prostetnik Vogon Jeltz vom Galaktischen Hyperraum-Planungsrat«, fuhr die Stimme fort. »Wie Ihnen zweifellos bekannt sein wird, sehen die Pläne zur Entwicklung der Außenregionen der Galaxis den Bau einer Hyperraum-Expreßroute durch Ihr Sternensystem vor, und bedauerlicherweise ist Ihr Planet einer von denen, die gesprengt werden müssen. Das Ganze wird nur etwas weniger als zwei Ihrer Erdenminuten in Anspruch nehmen. Danke.«
Der Endverstärker verstummte.
Verständnisloser Schrecken senkte sich über die lauschenden Menschen auf der Erde. Der Schrecken zog langsam durch die versammelten Menschenmengen, als wären sie Eisenspäne auf einem Brett, unter dem ein Magnet entlanggezogen wird. Panik schoss wieder hoch, eine verzweifelte Panik zu fliehen, aber es gab nichts, wohin man fliehen konnte.
Als sie das bemerkten, schalteten die Vogonen ihre Superanlage wieder ein. Die Stimme sagte:
»Es gibt überhaupt keinen Grund, dermaßen überrascht zu tun. Alle Planungsentwürfe und Zerstörungsanweisungen haben fünfzig Ihrer Erdenjahre lang in Ihrem zuständigen Planungsamt auf Alpha Centauri ausgelegen. Sie hatten also viel Zeit, formell Beschwerde einzulegen, aber jetzt ist es viel zu spät, so ein Gewese darum zu machen.«
Wieder verstummte der Endverstärker, und sein Echo hallte über das Land. Die riesigen Raumschiffe machten am Himmel mit langsamer Kraft gemächlich kehrt. Auf der Unterseite eines jeden ging eine Luke auf, ein leeres, schwarzes Viereck.
Währenddessen musste irgendwo irgend jemand eine Radiostation besetzt, die richtige Frequenz gefunden und eine Botschaft an die vogonischen Raumschiffe gesendet haben, um sich für den Planeten einzusetzen. Niemand hörte jemals, was gesagt wurde, man hörte nur die Antwort. Der gewaltige Endverstärker erwachte wieder zum Leben. Die Stimme war gereizt. Sie sagte:
»Was soll das heißen, Sie sind niemals auf Alpha Centauri gewesen? Ja du meine Güte, ihr Erdlinge, das ist doch nur vier Lichtjahre von hier. Tut mir leid, aber wenn Sie sich nicht einmal um Ihre ureigensten Angelegenheiten kümmern, ist das wirklich Ihr Problem. Vernichtungsstrahlen einschalten!« Licht ergoss sich aus den Luken.
»Ich weiß nicht«, sagte die Stimme von oben, »ein lahmer Drecksplanet ist das. Ich habe nicht das geringste Mitleid.« Sie verstummte.
Es folgte eine wahnsinnige, grauenhafte Stille.
Es folgte ein wahnsinniger, grauenhafter Krach.
Es folgte eine wahnsinnige, grauenhafte Stille.
Die Bauflotte der Vogonen glitt davon in die rabenschwarze bestirnte Leere.

Douglas Adams
Per Anhalter durch die Galaxis
Heyne Verlag



Ob Hyperraum-Expressroute, Bahnhöfe oder Umgehungsstraszen, stes finden sich Nörgler ein, die mit den Planungen nicht einverstanden sind, obwohl sie doch vor Jahren bereits andere Planer hätten einsetzen können oder sich auf Alpha-Centauri im Zentralregister die Pläne hätten ansehen können.

Wie erschreckend für die Vertreter, wenn der Souverän selbst auftritt. Das hatten die Väter der Verfassung nicht vor-her-gesehen. Man schaute in eine andere Richtung und befand es nötig, dem Bürger als Mittel der Meinungsbildung die politischen Parteien an die Hand zu geben.
Wo wir heute in der Medienlandschaft mit Fernsehangeboten und Internet meinungsmäszig keineswegs unterversorgt sind, entstehen neue Fragen.

Stehen wir vor dem Ende der repräsentativen Demokratie? Die Regierung hält dem Volk vor, es sei auf dem Wege zu einer Dagegen-Gesellschaft. Welch ein merkwürdiger Anwurf der Vertreter an die Auftraggeber. Nicht völlig falsch, nur das Dagegen richtet sich weniger auf die Vorhaben als auf die Politik selbst. Und die Sorge um die Meinungsbildung hat eine drastische Kehrtwendung erfahren. Zuviel Meinung.

Auf bemerkenswerte Weise entsteht etwas, was keineswegs in der Verfassung vorgesehen, nicht durch bestehende Gesetze gedeckt und politisch neu ist: Ein Gremium wird geschaffen, ein Schlichter berufen, die Öffentlichkeit wird weitgehend öffentlich informiert. Erfreulich zu sehen, wie Möglichkeiten entstehen, wenn Bürger abseits der Gesetzesvorgaben ohne Vertretungszwang und Abstimmungsschlachten aktiv in die Gestaltung ihres Lebensraumes eintreten.
Leider bleibt zu befürchten, dass langjährig erübte Lernunfähigkeit das Erreichte in Vergessenheit geraten lässt und die Gestalter der politischen Zukunft wiederum zu bewährten Auffassungen und Mitteln zurückkehren.